Post an Wagner: Wagner gegen Gates

Mein „Lieblings“-Kolumnist F. J. Wagner hat mal wieder was geschrieben, was ich kommentieren muss. Unter der Überschrift „Lieber Bill Gates“ stellt er einen Dialog zwischen Gott und Bill Gates nach.

Lieber Bill Gates,

Sie wollen demnächst mit russischen Kosmonauten in den Weltraum fliegen – was für ein hübscher Gedanke: Gott empfängt Bill Gates. Was würde Gott zum reichsten Menschen der Welt, dem Erfinder von Microsoft, sagen?

Nennt mich einen Idioten, aber ich verstehe den Zusammenhang zwischen „in den Weltraum fliegen“ und „Gott empfängt Bill Gates“ nicht. Hab ich was verpasst? Hat Gott seinen himmlischen Thronsaal auf dem Mond errichtet und ich hab es nicht mitgekriegt?

„Mein Sohn, die 56 Milliarden Dollar auf deinem Privatkonto sind Sünde vor meinen Augen.“ Darauf Gates: „Aber ich spende doch viele Millionen für Impfstoffe in Afrika, meine Frau und ich wollen die Malaria mit unserer Stiftung besiegen“, darauf Gott trocken: „Du musst alles spenden, mein Sohn, bis auf das letzte Hemd.“

Grundsätzliche Frage: Ist Geld auf dem Konto Sünde? Ich wüsste nicht, wo das steht. Natürlich sagt Jesus zum reichen Jüngling (die Perikope liegt wohl zugrunde), er solle alles verschenken und ihm nachfolgen. Aber kann man das wirklich übertragen? Ist Geld auf dem Konto schlecht? Zählt nicht vielmehr, was man damit macht und wie man damit umgeht (Mammon als Götze)? Und spendet Bill Gates nicht tatsächlich sehr viel? Ich möchte ihn ja nicht in Schutz nehmen (weil ich die Politik von Microsoft auch nicht unbedingt gut finde), aber mir kommt es doch so vor, als ob hier aus Neid heraus argumentiert wird. Die folgenden Teile verstärken diesen Eindruck noch:

Gates kleinlaut: „Auch meine Jacht?“ „Auch deine 120 Meter lange Jacht ,Octopus‘.“ „Auch mein Haus?“, fragt Gates. „Auch dein Haus, für das du 60 Millionen Dollar bezahlt hast“, sagt Gott. Gates schluchzend: „Gott, schieb mir doch nicht alle Schuld in die Schuhe, du hast mich so programmiert.“ Gott scherzend: „Ich wollte nur, dass du den PC, den Personal Computer, erfindest und mein Wort www. world wide web. verkündest.“

Mal abgesehen davon, dass ihm die Jacht gar nicht gehört, aber hier wird doch ganz klar Neid geschürt. Bill Gates hat aber seine Milliarden nicht etwa geerbt, er hat eine geniale Erfindung gemacht und sie gut vermarktet. Er hat sein Geld selbst erarbeitet. Ist das verwerflich? Im übrigen hat er auch nicht den PC erfunden, und damit erst recht nicht das Internet, das aber nur am Rande.

Die Besuchszeit ist zu Ende. Gott hat anderes zu tun.

Den Dialog zwischen Gott und Bill Gates habe ich erfunden. Natürlich trifft sich Gott mit niemandem. Auch nicht mit dem reichsten Menschen der Welt. Alles, was ich geschrieben habe, hat sich nicht so zugetragen, was ich schade finde.

Je öfter ich den Kommentar durchlese, um so weniger verstehe ich ihn. Was soll eigentlich damit ausgesagt werden? Gott mag Bill Gates nicht? Und woher soll das jemand wissen? Was wir daraus lesen können ist vielmehr „F. J. Wagner mag Bill Gates nicht“. Aber warum? Weil er mehr Geld hat? Weil er ein 60 Mio.-Haus hat? Vermutlich. Und deswegen sucht sich Wagner eine Autorität, die noch höher ist als die des reichsten Mannes der Welt, nämlich Gott. Damit er einmal den Gates so richtig fertigmachen kann, bis der heult. Anders kann ich mir das alles nicht erklären.

Lieber Herr Wagner, ihrer Argumentation folgend gibt es eigentlich keinen Unterschied zwischen Bill Gates und Ihnen, oder irgendeinem anderen Bild-Leser. Denn auch Ihr gesamtes Geld auf Ihrem Privatkonto ist dann Sünde vor Gottes Augen. Sie müssen es spenden. Alles, bis zum letzten Hemd. Auch Ihr Auto. Und das muss auch jeder andere Mensch auf dieser Welt tun. Oder hat Gott Ihnen die Gabe des Sündenerkennens gegeben? Bei welchem Betrag wird denn aus neutralem Besitz plötzlich böse Sünde?

Sie merken, so einfach ist es nicht. Das finden Sie sicher auch schade…

5 Gedanken zu „Post an Wagner: Wagner gegen Gates“

  1. Ich musste schon einmal eine ganze Predigt darüber ertragen, dass Bill Gates kein Christ sei, da er so reich sei.

    Erstaunlich wer immer wieder weiß, warum das Geld des Anderen der Anfang aller Sünde ist.

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