Ich habe ja schon mehrfach ausführlich bzw. grafisch zum Thema Homosexualität Stellung genommen. Leider ist dieses Thema aber wie Unkraut, es kommt wieder und wieder und wieder mit immer denselben Argumenten. So ist es auch ganz aktuell geschehen.
Denn beflügelt durch Entscheidungen in Irland und den USA wollte der Gesprächskreis „Offene Kirche“ (OK) bei der gerade laufenden Tagung der württembergischen Landessynode die „Ehe für alle“ zum Thema einer aktuellen Stunde machen – und war erbost, dass das nicht zugelassen wurde. Formal war die Ablehnung aber richtig, denn nach den Vorgaben für die aktuelle Stunde, die von allen Gesprächskreisen (also auch OK) einmal beschlossen wurden, waren die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.
Nun können wir uns aber auch ganz pragmatisch fragen, was denn so eine Aussprache gebracht hätte. Außer, dass mal wieder jeder daran erinnert worden wäre, dass die einen halt dafür sind und die anderen dagegen, inklusive der üblichen unzählige Male ausgetauschten Argumente. Zu einem Konsens wäre man (angesichts der verhärteten Fronten sowie der Kürze der Zeit) sowieso nicht gekommen.
Viel spannender ist aber die Frage, ob denn die Synode überhaupt der richtige Ort ist, um über die „Ehe für alle“ zu diskutieren. Was könnte denn die Kirche dazu überhaupt sagen? Schließlich ist dies ein politisches Thema, das auch politisch durch den Gesetzgeber gelöst werden muss. Mit der kirchlichen Sichtweise oder gar der kirchlichen Trauordnung hat das ja erstmal überhaupt nichts zu tun. Es ist schließlich für den Staat (und sogar in den meisten Fällen für die Kirche selbst) ja auch rechtlich schlichtweg irrelevant, ob und wie jemand kirchlich getraut wurde oder nicht. Das ist z.B. schön daran zu erkennen, dass die Urkunden zu Ehejubiläen in unserer Landeskirche auch Paare erhalten, die nur standesamtlich geheiratet haben.
Die Frage nach der „Ehe für alle“ muss deshalb politisch gelöst werden. Und mit dieser Haltung bin ich ganz auf dem Boden der Reformation. Denn schließlich entspricht das dem, was Martin Luther 1529 in seinem Text „Ein Traubüchlein. Für die einfältigen Pfarrherrn“ geschrieben hat. Ja, genau so heißt das Buch tatsächlich.
Dort steht als Einleitung:
So manches Land, so manche Sitte, sagt das gemeine Sprichwort. Dennoch weil die Hochzeit und Ehestand ein weltlich Geschäft ist, gebührt uns Geistlichen oder Kirchendienern nichts darin zu ordenen oder regieren, sondern lassen einer jeglichen Stadt und Land hierin ihren Brauch und Gewohnheit, wie sie gehen.
Wenn die „Ehe für alle“ auch in Deutschland (wie in so vielen anderen Ländern dieser Welt) irgendwann beschlossen wird – was meines Erachtens auch konsequent wäre – dann hat das erstmal überhaupt nichts mit der Kirche zu tun. Das bedeutet auch nicht zwingend, dass die kirchliche Trauung dann dementsprechend angepasst werden muss, zumindest theoretisch. Denn an dem Punkt ist Kirchenrecht unabhängig vom staatlichen Recht. Ansonsten gäbe es ja auch keine Unterschiede bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in den verschiedenen Landeskirchen.
Wieso sage ich „zumindest theoretisch“? Weil neben den theologischen Punkten zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare (die ich nicht nochmals ausführe, siehe in diesem Blog) hier auch das gelten könnte, was Luther im Traubüchlein für einfältige Pfarrherrn ebenfalls schreibt:
Aber so man von uns begehret für der Kirchen oder in der Kirchen sie zu segenen, über sie zu beten oder sie auch zu trauen, sind wir schuldig dasselbige zu thun.
Was das dann aber konkret bedeutet, das ist noch mal eine ganz andere Frage.