Jesa Christa, Göttins Tochter

Heute bin ich per Zufall auf bibel-in-gerechter-sprache.de gelandet. Unter „Grundlegendes“ findet man gleich folgenden Text:

Stellen Sie sich vor:
Sie schlagen Ihre Bibel auf und können im Wortlaut entdecken, es gab sie,
die Jüngerin,
die Apostelin,
die Diakonin

Sie lesen in Ihrer Bibel
und können sicher sein,
hier wird ernst genommen, dass Jesus Jude war.

Mal abgesehen davon, dass ich Jüngerinnen auch finde, wenn dort „nur“ Jünger steht, hat der letzte Satz natürlich vorbildhaften Charakter für sämtliche Disziplinen der Theologie. Wann kommt endlich ein Standardwerk in gerechter Sprache über die Bekenntnisschriften, in dem ernst genommen wird, dass Martin Luther Katholik war? Und wann schreiben die württembergischen Pietisten endlich ein Buch, in dem ernst genommen wird, dass Albrecht Bengel Stiftler war?

Wir stehen also erst am Anfang. Und wie steht in der Bibel in gerechter Sprache: „Durch einen Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen“. Glücklicherweise muss niemand erklären, was wir uns darunter vorstellen müssen… Ich weiß auch nicht, ob grundsätzlich jedes „Be“ instrumental übersetzt wird und ob der Tempel jetzt durch Jerusalem gebaut wurde… aber ich vermute, dass man gleich beim ersten Wort der Bibel mal so richtig reinhauen wollte, damit auch vom Sinn her was völlig anderes herauskommt… Und alle sagen „Ohhhh….. Ahhhhh…. ach sooooo muss man das übersetzen, uiiiiiiii“. Damit sind die Hauskreise wieder jahrelang beschäftigt, bis man alle Mehrdeutigkeiten endgültig gevieldeutet hat.Viel Spaß, ich bleib bei der Elberfelder.

Nachtrag:  Wer wirklich ernst nehmen will, dass Jesus Jude war, der muss auch ernst nehmen, dass die damalige jüdische Gesellschaft durch und durch patriarchal war. Gleichberechtigung von Mann und Frau in dieser Weise in die Bibel hineinzuinterpretieren hat dementsprechend nicht viel mit Ernst zu tun, sondern eher mit dem Gegenteil.

6 Gedanken zu „Jesa Christa, Göttins Tochter“

  1. Mein(e) Vorschlag / Vorschlägin: Das Bibel in gerechter Sprache. Die Bibel finde ich zu feminin.
    Vielleicht könnte man in einer zweiten Fassung auch noch in anderen Bereichen „gerecht“ werden. Kain könnte ja auch mal sterben, Goliath auch mal Gewinnen usw. Das ist doch alles so ungerecht.

  2. Hinweis für Nordelbier: Dem genauen Leser der Seite ist wahrscheinlich aufgefallen, dass eure Bischöfin in der Kommission sitzt! Württemberg hat die Beteiligung an der Finanzierung dieser Bibel übrigens abgelehnt.
    Die Tatsache, dass in der Kommission auch Leute aus Kirchenleitungen sitzen, spricht dafür, dass man wohl gerne die Bibel in gerechter Sprache als Standardbibel hätte – und nicht mehr Luther. Dann können wir auch gleich die Volxbibel nehmen…

  3. Martin(a) Luther(a) soll mal gesagt haben, dass aus einen verkniffenen Arsch kein fröhlicher Furz kommt.
    In diesem Sinne: Schreiben kann ja jede was sie will und publizieren auch, das haben wir ja gerade allen anderen Religionen abgerungen. Nur sollte frau nachher nicht behaupten, dass es sich hierbei um die Bibel handelt.
    Habe gerade gehört, dass dieses Umschreiben so ist, als wenn frau den Teufel mit seiner/ihrer? Großmutter austreiben würde. Das Bild passt. Vielleicht fehlt uns Protestanten ja wirklich ein wenig die christliche Mutterfigur, wie die Katholische Kirche immer wieder einwendet. Aber gleich den Sohn zur Tochter machen ist doch ein wenig ahistorisch und es steht einer Offenbarungsreligion nicht gut an ihren historischen Bezug derart zu untergraben.
    Ich halte ein Buch über Karla die Große und ihre Krönung in Rom auch nicht für ein Geschichtsbuch…

  4. Der Sohn is ja noch keine Tochter, nur die Brüder sind auch Schwestern. Wenn das Teil dazu dient, dass gewisse Frauen sich mit einem Bibelähnlichen Text auseinandersetzen statt mit spezieller Sekundärliteratur, kannns doch nur gut sein. Bibel ist das nicht. Hab mich gerade für die Gemeinde mal mit der Volxbibel beschäftigt, dass ist ähnlicher mumpitz. Aber vielleicht kauft sich ein Leser dieser Produkte später mal ne richtige Bibel…

  5. @Tim: Das wäre ja nicht so schlimm, auch wenn ich es nicht glaube.
    Was ich eben kritisch finde, ist dieser „offizielle“ Charakter, der der Bibel in gerechter Sprache durch die Kommission gegeben wird… und später sind mal irgendwann alle, die an der Lutherbibel festhalten, konservative Fundamentalisten.

  6. Das sind wir doch eh schon, wie wir von „Frank“ erfahren haben.
    Ich glaube das geht in die Hose wie die Bibel von Klaus Berger mit Q und in hist. Reihenfolge.

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