Rime – Ein Videospiel zum Thema Trauer

In den vergangenen Tagen habe ich das Spiel „Rime“ auf PS4 durchgespielt. Es ist vermutlich das emotionalste Spiel, das ich je gespielt habe, sowohl von der Atmosphäre als auch von der Story her.

Achtung, der folgende Text enthält massive Spoiler!

Das Spiel beginnt damit, dass die Figur, ein kleiner Junge mit einem roten Fetzen als Umhang, an einen Strand gespült wird. Es ist die Aufgabe, die Insel zu erkunden, dabei hilft ein Fuchs, der immer wieder Hinweise gibt. Es gibt keinerlei Sprachausgabe bis auf ein gerufenes „Ha!“, auch keine Schrift, sondern lediglich Bilder und Töne (ähnlich wie bei Journey).

Immer wieder taucht im Spiel eine dunkle Figur mit einem roten Umhang auf. Sie zeigt Orte an, zu denen der Spieler hin soll. Zumindest ist das der Eindruck. Es wirkt, als ob die Hauptaufgabe wäre, eben diese schwarze Figur mit dem roten Umhang zu finden oder einzuholen.

Nachdem man viele Rätsel auf der Insel gelöst hat, mit Tieren, Licht und Ton, kommt man in eine zweite Welt. Es handelt sich um eine Wüste, in der es einen bösen drachenähnlichen Vogel gibt, der ständig angreift. Um ihn zu besiegen muss man drei Windmühlen erklettern und schwarz Wolken freisetzen, dabei muss die Figur auch durch ein Meer zu einer Felseninsel tauchen. Durch die schwarzen Wolken verliert der Vogel am Ende und stürzt ins Wasser.

Im folgenden Abschnitt wird es immer düsterer. Es tauchen versteinerte Menschen auf, auch schwarze Figuren, die durch die Gegend irren und der Figur Lebenskraft entziehen. Unterstützung bekommt die Figur durch große Maschinen, die gelegentlich den Weg freimachen.

Im Lauf des Spiels wird immer mehr aus der Story erklärt. Es gibt mehrere Rückblicke, in denen deutlich wird, dass der Junge auf einem Schiff war. Auch ein König taucht auf, vermutlich der Vater des Jungen. Das Verhältnis zwischen beiden ist immer wieder Teil der Rätsel, wenn die kleine zur großen Figur dazugestellt werden muss. Eine besondere Szene taucht immer wieder auf, der Junge befindet sich auf dem Schiff im Sturm und sieht, wie die gesichtlose schwarze Figur mit dem roten Mantel ins Meer stürzt. Er versucht sie zu retten, hat aber aber nur noch den Fetzen vom Umhang in der Hand.

Gegen Ende, nachdem der Junge mehrfach durch Licht-Tore gegangen ist, wird er selbst erst zur Statue, dann zu einer schwarzen Figur. Der hohe Turm, der im Spiel immer wieder als Zielpunkt erscheint, wird schließlich erreicht. Dort springen die dunklen Gestalten nach unten in den Sternenhimmel (!). Auch der Junge springt.

Es folgt die Auflösung der Geschichte. Wieder kommt die Szene auf dem Boot, aber diesmal ist es der Vater, aus dessen Sicht die Szene gezeigt wird. Der Junge steht vorne und wird vom Sturm über Bord geschleudert. Als der Vater ihn retten will, bleibt ihm nur der Fetzen vom roten Umhang. Am Ende spielt man den Vater, wie er in das Zimmer des Jungen geht und sich umsieht. Draußen liegt das Boot vor Anker. In seiner Trauer umarmt der Vater wie in Gedanken eine lichtdurchflutete Version des Sohnes bevor er den roten Stofffetzen aus dem Fenster in den Sternenhimmel fliegen lässt.

Nach meinem Verständnis ist das gesamte Spiel aus der Sicht des Vaters eine Form der Trauerbewältigung und findet lediglich in seiner Vorstellung statt. Der Fuchs ist dabei so etwas wie der spirituelle Begleiter, der ihn durch seine eigene Seele führt. Eine Anspielung darauf könnte der Werbetitel „Entdecke dich selbst“ sein. Die schwarze Figur mit dem roten Mantel steht für den Wunsch, dorthin zurückzukehren, wo der Junge seinen ganzen Mantel noch hatte, als er noch am Leben war.

Innerhalb des Spiels werden sogar Phasen der Trauer deutlich:

Zu Beginn, auf der Insel herrscht noch die Verleugnung. Der Vater stellt sich vor, wie der Sohn das Unwetter überlebt hat, an Land gespült wurde und sich nun durch eine fremde Umgebung bewegt.

Es folgt der Abschnitt mit dem bösen Vogel. Das ist die Phase der Verzweiflung und des Schmerzes, an dessen Ende die dunklen Wolken, die dunklen Gefühle heraus müssen.

Im letzen der Abschnitte folgt eine schrittweise Ablösung, was auch in der Veränderung der Figur sowie der dunklen Gestalten zu sehen ist. Während sie am Anfang noch Kraft saugen, ist man am Ende einer von ihnen. Nicht mehr deutlich, dunkel.

Ganz am Ende, nach dem Sprung in den Sternenhimmel, kann der Vater das Schmerzende, was auch an das eigene Versagen erinnert, nämlich den Stofffetzen, loslassen. Die Erinnerung bleibt, aber sie ist nun anders. Der Sternenhimmel, in den der Junge in der Vorstellung des Vaters gesprungen ist, in den blickt der Vater jetzt aus dem Fenster. Mit diesem Bild endet es. Dieses Bild bleibt. Für immer.

Fazit:
Ob und inwiefern man das Spiel möglicherweise im Zusammenhang mit Trauer verwenden kann, das weiß ich nicht. Es ist jedoch sehr spannend, wie das Thema Trauer spielerisch bearbeitet wird. Ich finde, es lohnt sich wirklich das Spiel zu spielen und es dauert auch nicht so ewig. Die angegebene Spielzeit liegt bei 7 Stunden, so lange habe ich aber nicht gebraucht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert