Das Freibad-Zehnerkarten-Dilemma

Die Gemeinde Schwaikheim unterhält ein Freibad. Der Eintrittspreis liegt bei 2,50 € für Erwachsene, wer öfter kommt, kann für 20 € eine Zehnerkarte kaufen und spart damit 5 €. Ein toller Rabatt (nämlich 20%), der allerdings beinhaltet, dass Zehnerkarten nur für die aktuelle Saison gelten und nicht in die nächste übernommen werden können (steht so an der Freibadkasse).

Nun gibt es aber Mitbürger, die damit ihre Probleme haben. Im Gästebuch der Gemeinde Schwaikheim fand ich einen interessanten Eintrag (vom Juli) mit folgendem Inhalt:

Mir stellt sich dieses Jahr wieder folgendes Problem: im letzten Jahr kaufte ich mir wieder fürs Freibad Zehnerkarten, in der Annahme sie problemlos aufbrauchen zu können.
Leider kam mir beruflich etwas dazwischen und so hatte ich nicht die Gelegenheit, mehr als 3 davon einzulösen. Als ich diese Tage mit einer dieser 2005-er Karten Einlass haben wollte, wurde mir erklärt, diese seien abgelaufen und ich müßte neu lösen. Ich denke aber, eine im Voraus bezahlte Dienstleistung dürfte kein Verfallsdatum haben (siehe Mobilfunkguthaben). Hier ist die Gemeinde wenig kundenfreundlich und ich hätte gerne Eure Meinung dazu.

Soweit der sich-übers-Ohr-gehauen-gefühlte Mitbürger. Man kanns ja mal versuchen. Die Gemeinde hat auch geantwortet.

Jeder Besucher erkennt die geltende Badeordnung mit dem Kauf seiner Eintrittskarte an. Die Badeordnung hängt im Freibad zur Einsichtnahme aus. In der Badeordnung ist auch geregelt, dass die gekauften Karten nur für die Freibadsaison von Mai bis September gelten. Weiter ist darin geregelt, dass es für verlorene oder nicht ausgenützte Karten keine Erstattung gibt.

Kling logisch und für mich auch einleuchtend. Man muss sich sonst eben ne Einzelkarte kaufen – oder in ein anderes Freibad gehen. Ich glaube aber, dem betroffenen Mitbürger reicht diese Antwort nicht aus.

Glücklicherweise haben wir auch noch andere Mitbürger, wie z.B. den mir gut bekannten Theo A., der prompt einen Beitrag in wesentlich schärferem Ton schrieb:

Manche haben ein eigenartiges Verständnis von Kundenfreundlichkeit der Gemeinde. Wieso sollte diese für die geschäftlich (oder privat?) verursachte Nichtinanspruchnahme von 10er-Karten aufkommen?

Richtig! Und weiter:

Wo kämen wir denn hin, wenn nicht aufgebrauchte Kärtchen erstattet oder im Jahr darauf noch gelten würden. Da wäre ja jeder ungeschickt, einen Einzeleintritt zu lösen. Jeder kauft sich gleich eine 10er-Karte, wenn man sich verschätzt, trägt das Risiko halt die Gemeinde.

Auch richtig. Vor allem könnte dann jeder einen Vorrat Zehnerkarten kaufen und wäre auch vor möglichen Preiserhöhungen geschützt, wenn alte Karten über Jahre gelten würden.

Außerdem sind wir doch mal ehrlich: Der gute Mann hat 12,50 € mehr gezahlt als wenn er Einzelkarten gekauft hätte… das wird ihn nicht arm machen. Das ist eben Pech. Nächstes Jahr soll er dann einfach Einzelkarten kaufen, dann zahlt er zwar unter Umständen 5 € mehr (bei 10 Freibadbesuchen), aber auch das wird ihn nicht arm machen.

Außerdem zu den Mobilfunkguthaben: ganz schlechtes Beispiel. Erstens beinhalten Prepaid-Karten keine 20% Rabatt und außerdem ist das Guthaben ein Geldwert und keine Eintrittskarte, damit fällt dieses Beispiel schon mal raus. Zweitens gibt es zwar Vertrags-Tarife, bei denen Freiminuten oder Frei-SMS im monatlichen Grundpreis enthalten sind (eine Art Rabatt), diese verfallen aber am Monatsende!

Gibt es eigentlich Theater, Kinos, Fußballstadien oder Konzertveranstalter, die nicht eingelöste Karten wieder zurücknehmen oder auf die nächste Veranstaltung übertragen? Ich denke nicht. Und warum sollte das dann ein Freibad machen? Gemeinde Schwaikheim: nicht beirren lassen!

6 Gedanken zu „Das Freibad-Zehnerkarten-Dilemma“

  1. Mit der Zehnerkarte gibt man dem Unternehmen einen Kredit. Ob die bezahlte Leistung erbracht werden kann, ist Risiko des Kunden.

    Nach meiner Auffassung muss die vorausbezahlte Leistung in jedem Fall ohne Fristablauf erbracht werden oder es muss eine Erstattung geben.

    Alles andere widerspricht dem AGB-Gesetz.

    A. Bormann

  2. Dann wird aber das Freibad für seine Kundenfreundlichkeit im Prinzip noch bestraft. Und was folgt daraus?

    Wenn es tatsächlich so ist, dass die erbrachte Leistung ohne Fristablauf erbracht werden muss, dann ist doch im Endeffekt jede Einrichtung, die eine ermäßigte Mehrfachkarte bietet, total bescheuert. Das Resultat wird sein, dass es irgendwann solche Karten nicht mehr geben wird, und alle (auch die, die diese 10er Karten tatsächlich auch vollständig ausnutzen würden) den Normalpreis zahlen müssen.

    Und das alles nur, weil jemand nicht auf ein paar Euro verzichten will…

  3. > Dann wird aber das Freibad für seine Kundenfreundlichkeit im Prinzip
    > noch bestraft. Und was folgt daraus?

    Ich denke, es ist für die Unternehmen eben nicht pure Kundenfreundlichkeit, sondern vielmehr eine wirtschaftliche Motivation, solche Angebote zu machen. Man kann erst mal Geld einnehmen, damit arbeiten, anlegen oder Schulden zahlen, ohne dass sofort die volle Leistung erbracht werden muss. Und wenn man Glück hat, wird die Karte nicht voll ausgenutzt, sei es, dass der Kunde die Karte verliert oder z.B. vergisst. Und dann natürlich noch die kundenfeindliche AGB-Regelungen zum Verfall.

    Das Risiko trägt allein der Kunde! Ist das kundenfreundlich?

    Gruß
    Andreas

  4. Ok, das mag ja bei einigen großen Unternehmen so stimmen. Es handelt sich in diesem Fall aber um das Freibad einer Gemeinde mit 9000 Einwohnern, die Besucherzahlen liegen im Jahr bei etwa 65000. Die meisten der Besucher kommen allerdings im Sommer, besonders in den Sommerferien täglich (manchmal zweimal oder öfter). Die meisten haben sowieso eine Jahreskarte oder Familienkarte. Ich habe keine genauen Daten, aber ich vermute, dass die Zahl der verkauften Zehnerkarten halbwegs überschaubar ist und der wirtschaftliche Faktor daher zu vernachlässigen ist..
    Zudem ist ein Freibad sowieso ein Riskobetrieb. Wenn das Wetter schlecht ist, kommen keine Besucher, die Wartungs- und Personalkosten sind aber trotzdem da. Ich habe daher volles Verständnis für die AGBs, selbst wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen so gestaltet wurden.

    Der springende Punkt ist, dass niemand gezwungen wird, bei dieser „kundenfeindlichen“, „wirtschaftlich motivierten“ Rabattregelung mitzumachen. Keiner muss eine Zehnerkarte kaufen! Keiner muss überhaupt in dieses Freibad! Aber wer eine kauft, der hat damit die AGBs akzeptiert und muss eben damit leben… wer das nicht kann, soll woanders hin, Kundenfeindlichkeit hin oder her!

  5. Vielleicht wäre eine gangbare Lösung, dass die Differenz zwischen alter und neuer Saison für die Zehnerkarte nachgezahlt werden muss. So kannman keine Karten auf Vorrat kaufen um die Preiserhöhung nicht mitmachen zu müssen und kann die restlichen Eintritte nutzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert