Die Lektüre von Joachims Artikel über das FDP-Flugblatt zur Freiheit hat mich zum Nachdenken gebracht. Joachim hat die Kernthese schon widerlegt, hat den einzelnen Punkten aber weitestgehend zugestimmt.
Ich dagegen muss mich gegen die Argumentation, dass Religion Privatsache ist, sträuben. Das hätte die FDP gerne so, aber das widerspricht leider der Grundlage für Glaube und damit Religion, nämlich einer persönlichen, durch Offenbarung begründeten Glaubensgewissheit, die mein Handeln und meine Weltsicht bestimmt. Diese Glaubensgewissheit drängt nach außen und möchte weitergegeben werden, denn der Anspruch, die einzige wahre Religion zu haben, bringt mit sich, dass man andere „missionieren“ will (außer man ist Gnostiker etc.). Daher würden Muslime auch niemals behaupten, dass Religion Privatsache ist, ihre Religion fordert sogar, dass man darauf hinarbeiten soll, dass die Macht im Staat in die Hände der Muslime kommt. Eine Trennung von Staat und Religion funktioniert daher auch nur bedingt, siehe Türkei, denn der islamische Idealfall sieht leider so aus wie im Iran.
Das Problem mit der Freiheit liegt in dem einen Satz: „Für uns ist die Basis friedlichen Zusammenlebens das Grundgesetz.“. Das stimmt. Freiheit braucht eine Basis, einen letzten Grund, der diese Freiheit garantiert. Das paradoxe ist, dass damit die Freiheit eingeschränkt wird. Denn die Freiheit kann nur dann garantiert werden, wenn alle sich insofern in ihrer persönlichen Freiheit einschränken, als dass sie sich dieser Basis unterordnen. Deshalb ist es so gefährlich, mit Verweis auf z.B. die Religionsfreiheit, Gruppierungen Rechte zuzugestehen, obwohl diese die eigentliche Grundprämisse für dieses Zugeständnis überhaupt nicht teilen.
In unserem Grundgesetz (Art 4) steht:
- Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
- Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
Die ungestörte Religionsausübung wird allerdings dann nicht mehr gewährleistet, wenn damit gegen andere Verfassungsrechte verstoßen wird. Auch hier findet also eine notwendige Einschränkung der Freiheit statt, und so ist es auch kaum verwunderlich, dass Religionsgemeinschaften häufig im Visier des Verfassungsschutzes stehen.
Wie Joachim beim Start von Libertas Cara richtig feststellte, hat sich das Christentum „nicht trotz der zur Freiheit führenden Aufklärung bis heute gehalten. Sondern die Aufklärung konnte es nur geben wegen des Christentums.“ (Siehe dazu auch die umfangreiche Diskussion) Es ist bitter, dass die Freiheit soweit gekommen ist, dass sie sich von ihrem Ursprung abgelöst hat und Toleranz und Religionsfreiheit heute bedeuten, dass man gegen die „Vormachtstellung“ des Christentums vorgeht.
„Wir leben Toleranz“. Das ist schön, und ich unterstütze das. Aber Toleranz bedeutet, dass ich eine andere Meinung aushalte. Es bedeutet nicht, dass ich keine eigene Meinung mehr haben darf.